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Ein Land wie jedes andere   Ein Gespräch mit Berry Morris
Israel wird hart kritisiert. Nicht wenige halten die Politik des jüdischen Staates für die Ursache des Blutvergiessens im Nahen Osten. Doch das Problem ist unendlich komplizierter - sagt der linke israelische Historiker Benny Morris. Er hat sich mit seinen Überzeugungen schon viele Feinde gemacht.

von Finn Canonica und Rico Czerwinski
Er ist das lebende Klischee des ruppigen Israeli: Benny Morris, Holzfällerhemd und Vogelnestfrisur, führt die Besucher in den Garten seines Hauses in Li On, einem israelischen Dorf auf einem Hügel zwischen Jerusalem und Tel Aviv. Zwei Köter raufen sich im Garten, es riecht nach Zitronen, golden scheint die Abendsonne über das gelobte Land. Der israelische Historiker fällt in einen Korbstuhl und setzt ein Lächeln auf. Er kennt sie, die typischen Europäer. Sie kommen immer dann nach Israel, wenn wieder mal Krieg ist. Sie haben sich ihre Meinung meist schon gemacht. Hier der brutale Goliath Israel, dort der geschundene palästinensische David. Das Bild Israels als Täter ist nur schwer aus den Köpfen zu bringen - verständlich, mit Blick auf die Opferzahlen nach dem jüngsten Krieg im Gazastreifen. Der sechzigjährige Morris verdankt seine weltweite Beachtung in den politischen Debatten den vielen Büchern, in denen er schonungslos die Gründungsgeschichte seines Landes beschrieb. Mit diesen Arbeiten hat sich Morris viele Feinde gemacht. Er wurde als Linker vom israelischen Establishment gemieden, lange wollte ihn keine Universität beschäftigen. Das lag mindestens ebenso an seinen deutlichen Worten wie daran, dass er Argumente immer mit unangreifbaren Zahlen und Statistiken zu belegen wusste.
Benny Morris, Sie haben sich in Israel Feinde gemacht, weil Sie einen zentralen Mythos der israelischen Staatsgründung infrage gestellt haben. Was genau hat die Israeli so verärgert?

Ich habe ein Buch veröffentlicht, in dem ich aufzeige, wie die Zionisten unmittelbar vor und nach der Gründung Israels 1948 rund 60 Prozent der palästinensischen Bevölkerung vertrieben und deren Gesellschaft zerstört haben.

Wusste man das nicht bereits?

Man wusste nicht oder wollte es in Israel nicht wahrhaben, wie sich die Zionisten in diesen Jahren gegenüber den Palästinensern verhalten haben. Bis zu meinem Buch gab es über diese Ereignisse eigentlich nur beschönigende Geschichtsschreibung, teils pure Propaganda. Sie lautete, dass die 700 000 Palästinenser das Land auf Geheiss ihrer Führer quasi freiwillig verlassen haben. Dass die Zionisten nur sanften Druck auf die Palästinenser ausübten und die Araber alle Angebote einer friedlichen Koexistenz ablehnten. Diese Version der Geschichte konnte man in jedem israelischen Schulbuch lesen. Mein Buch zerstörte diesen nationalen Mythos.

Wie reagierte das israelische Establishment auf Ihr Buch?

Erst schenkte man ihm keine Beachtung, weil es zunächst nur auf Englisch erschienen war. Drei Jahre später, 1991, erschien es auf Hebräisch. Dann begannen die Angriffe auf mich.

Sie wurden als Revisionist bezeichnet.

Ja, man hängte mir alles Mögliche an. Ich selbst sehe mich als einen Historiker, der Geschichte nicht als Beschönigung der eigenen Vergangenheit versteht. Ich bezeichnete mich und ein paar Kollegen, die ähnlich dachten, als «Neue Historiker».

Was genau geschah bei der Gründung Israels?

Israel akzeptierte den Teilungsvorschlag der UN, Palästina zwischen Arabern und Juden aufzuteilen. Die Israeli hätten 55 Prozent des Landes erhalten sollen, die Palästinenser den Rest. Sie lehnten den Vorschlag ab. Im April 1948 bereiteten sich die benachbarten arabischen Länder auf einen Angriff gegen Israel vor. Die in Israel lebenden Palästinenser griffen jüdische Siedler an, die Juden reagierten mit Attacken gegen palästinensische Dörfer. Die arabische Miliz kollabierte und die Bevölkerung floh.

Können Sie noch detaillierter über diese Zeit sprechen?

Die Mehrheit der Araber wurde mit Gewalt vertrieben. Die Zionisten griffen Dörfer an, sprengten Häuser, es kam zu Massakern, mindestens ein Dutzend arabischer Frauen wurde von jüdischen Milizen vergewaltigt. Es gab insgesamt etwa zwei Dutzend Erschiessungen, die Juden töteten etwa neunhundert Araber. Viele Palästinenser flohen aus Angst vor diesem Terror in den Libanon, nach Jordanien, Syrien und Ägypten. Insgesamt nahmen die Zionisten gegen vierhundert Dörfer und ein Dutzend Städte gewaltsam ein. All diese Dinge zu erfahren, war für viele Israeli schmerzhaft. Schliesslich hat der Nationalheld David Ben-Gurion sein Leben lang verkündet, dass Israel keinen einzigen Araber vertrieben hat.

Waren Sie geschockt, als Sie diese Dokumente fanden?

Ich war überrascht. Ich bin aber auch nicht der Meinung, dass Juden besser sind als andere Menschen. Bürgerkriege sind leider immer besonders grausam. Jeder Historiker weiss, in solchen Kriegen werden praktisch immer Verbrechen begangen.

Diese Vertreibungs- und Terroraktionen waren Teil der israelischen Politik, schreiben Sie in Ihrem Buch.

Das ist zu vereinfacht formuliert. Wahr ist, dass bereits vor 1948 darüber nachgedacht wurde, alle Araber aus dem Land zu deportieren. Die Juden fürchteten, dass sie in Palästina weiterhin verfolgt werden könnten. Dann jedoch erwies sich der sichere Hafen Palästina als Illusion. David Ben-Gurion sagte: Es gibt für Juden nur Sicherheit, wenn man alle Araber aus dem Land bringt. Das war aber nie die offizielle Politik, die Idee steckte mehr in den Hinterköpfen der zionistischen Führung. Entweder man vertreibt die Araber oder man entschädigt sie finanziell, wenn sie freiwillig gehen.

Kann man von einer systematischen Vertreibung der Araber sprechen?

Nein. Es blieben ja nach dem Gründungskrieg noch 150'000 von ihnen im Land. Aber es war klar, dass David Ben-Gurion lieber weniger als mehr Araber in Israel haben wollte. Er war überzeugt, dass dies die beste Lösung für beide Seiten sei.

Manche Kritiker werfen Israels damaliger Führung eine ethnische Säuberung vor.

Dieser Ausdruck erscheint mir zu hart. Man sprach damals vom «Transfer» der arabischen Bevölkerung. Bereits 1895 notierte Theodor Herzl, der Gründer der zionistischen Bewegung, in sein Tagebuch, man müsse die Araber wohl aus dem Gebiet eines künftigen Staates ausschaffen. 1937 sprach dann auch David Ben-Gurion am Zionistenkongress in Zürich vom «Transfer» aller Araber aus dem Land. Und Chaim Weizmann wollte 1941 eine Million Araber aus Plästina in den Irak umsiedeln und dafür zwei Millionen jüdische Immigranten nach Palästina bringen.

Welche Rolle spielten damals die berüchtigten Palmach-Milizen?

Die Palmach war eine Eliteeinheit der Haganah, einer paramilitärischen Untergrundorganisation der Zionisten. Tatsächlich hat die Palmach Verbrechen an Palästinensern begangen. In einem Dorf hier in der Nähe etwa wurden am 13. Mai 1948 einige Dutzend Bewohner erschossen. Im Mai 1948 exekutierten die Mitglieder der Palmach auch ungefähr fünfzig arabische Gefangene. Insgesamt starben in diesem Krieg etwa neunhundert Araber und dreihundert Israeli.

Sie machten sich auch wegen anderer Forschungsergebnisse Feinde in Israel. Sie widerlegten den David-gegen-Goliath-Mythos des Gründungskriegs, wonach die schwachen Juden einen übermächtigen arabischen Gegner besiegten.

Die Armeen von Syrien, Libanon, Irak und Jordanien waren den Israeli zahlenmässig überlegen, das steht fest. Es kämpften insgesamt 1,3 Millionen Araber gegen 650'000 Juden. Ausserdem hatten die Araber in den ersten Wochen nach dem Angriff auf Israel die besseren Waffen. Doch das änderte sich rasch. Ein sofort ausgesprochenes Waffenembargo der Vereinten Nationen gegen die kriegführenden Parteien wirkte sich gegen die Araber negativer aus. Viel wichtiger jedoch war der schlechte Zustand der arabischen Armeen. Die Soldaten und Offiziere waren nicht gut ausgebildet, weniger diszipliniert und strategisch nicht so kompetent. Die Israeli dagegen waren besser ausgebildet, disziplinierter, und in ihren Reihen kämpften erfahrene britische Offiziere.

All diese Veröffentlichungen machten Sie in Israel zu einem umstrittenen Linken.

Ja, und ich ging an Demonstrationen der Friedensbewegung «Peace Now». Ich war ausserdem sehr kritisch gegenüber dem politischen und militärischen Establishment Israels.

Sie bezeichneten selbst die erste Intifada von 1987 als legitim.

Ich habe in diesem Punkt mit den Palästinensern sympathisiert. Ich konnte ihre Frustration verstehen. Es war der Aufstand einer unbewaffneten Bevölkerung in der Westbank und im Gazastreifen gegen die militärische Besatzungsmacht. Steine werfen und die Arbeit niederlegen war ihre einzige Möglichkeit, sich zu wehren.

Sie desertierten sogar.

Ich weigerte mich, in Nablus als Besatzungssoldat einzumarschieren. Ich wurde für 21 Tage ins Gefängnis geworfen. Zwei Tage wurden mir dann wegen guten Benehmens erlassen.

Waren Sie eigentlich Offizier der Armee?

Ich war immer Korporal, wie Hitler.

Ariel Scharon sagte einmal, Ihre Version der israelischen Geschichte gehöre nicht in die Schulbücher.

Es ärgerten sich wirklich viele über mich. Bei der «Jerusalem Post», wo ich damals arbeitete, wurde ich entlassen. Das hat mich fertiggemacht. Dann kriegte ich sechs Jahre lang an keiner Universität eine Stelle.

Später wurden Sie aber Professor in Beersheba.

Eine englische Zeitung brachte ein Interview mit mir unter dem Titel «Benny Morris verlässt das Land». Der damalige Präsident Ezer Weizmann hat das gelesen und mich in sein Büro bestellt. Er fragte mich, ob ich überhaupt an das Existenzrecht Israels glaube, und ich sagte Ja. Darauf griff er zum Telefon und telefonierte ein bisschen. Als ich wieder zu Hause war, hatte ich einen Job als Professor.

Sie haben in Ihren Büchern teilweise wie die Palästinenser argumentiert.

Ich habe Geschichte nach meinem besten Gewissen entlang den Fakten aus den Dokumenten geschrieben. Wenn es vielen Israeli wehgetan hat, dann war mir das egal. Ich bin nur der Wahrheit verpflichtet. Sowohl die Palästinenser wie auch die Israeli sind sehr geschichtsbewusst. Aber ich finde, statt ständig unsere Vergangenheit im Kopf zu haben, sollten wir uns mehr auf die Zukunft konzentrieren.

Das sind ungewöhnliche Worte für einen linken israelischen Historiker.

Finde ich nicht. Aber wenn Sie wollen, können wir ruhig weiter über die Geschichte reden und schauen, was zwischen 1948 und heute passiert ist. Israel musste viermal um sein Überleben kämpfen, als es von arabischen Armeen angegriffen wurde. Dann kamen die Verhandlungen von Oslo, in den frühen Neunzigerjahren. Angesteckt vom Optimismus der Verträge von Oslo, glaubte ich, dass es zu einer Zweistaatenlösung kommen würde. Ich glaubte, dass auch Arafat es damit ernst meinte. Er war zwar in meinen Augen immer ein zweifelhafter Charakter, ein Mann, dem man besser kein Vertrauen schenkt. Aber damals sagte er öffentlich, er beginne an das Diktat der Geschichte zu glauben und er sei folglich bereit, eine Zweistaatenlösung zu akzeptieren. Das hat mich zuversichtlich gestimmt. Ich dachte, okay, die Araber haben das erste Angebot 1948 für einen palästinensischen Staat abgelehnt. Dann haben sie Israel angegriffen und den Krieg verloren. Dann haben sie Israel drei weitere Male angegriffen und jedes Mal verloren. Ich dachte, beide Seiten haben Grausamkeiten begangen. Aber nun schienen Israeli und Palästinenser Realisten geworden zu sein und eine Zweistaatenlösung anzustreben.

Camp David 2000 führte bei Ihnen zu einem Meinungsumschwung.

So nahe an einem eigenen Staat wie dort waren die Palästinenser seit 1948 nicht mehr. Als Arafat ablehnte, wurde mir klar, dass ich die palästinensische Befreiungsbewegung falsch eingeschätzt hatte. Dass sie gar nicht an zwei Staaten glaubt, sondern tatsächlich noch davon träumt, die Juden aus Palästina zu vertreiben.

Waren damals viele Israeli so enttäuscht wie Sie?

Ja, die Friedensbewegung hat immer an eine Zweistaatenlösung geglaubt, und dann hat Arafat abgelehnt. Wir waren alle entsetzt, auch Amos Oz war sehr enttäuscht. Nach Camp David haben die Linken die Wahlen bezeichnenderweise ja auch haushoch verloren.

Mit dieser Ernüchterung sind Sie typisch für eigentlich linke, gemässigte Israeli. Aber kam das Angebot von Camp David nicht reichlich spät? Die Israeli sprachen erst nach Gebietsgewinnen von 50 Prozent von einer Zweistaatenlösung, während die Palästinenser seit 1948 über die Hälfte ihrer Gebiete verloren hatten.

Richtig, die Israeli hätten viel früher mit einem solchen Vorschlag kommen können, die Regierungen Rabin und Peres hätten gewiss die Möglichkeit dazu gehabt. Leider haben sie es nicht getan.

Was lief falsch in Camp David?

Nach langem innenpolitischen Hin und Her akzeptierte der damalige Premierminister Ehud Barak einen Zweistaatenvorschlag. 91 Prozent der Westbank und der ganze Gazastreifen sollten an die Palästinenser zurückgegeben werden. Dazu sollten sie Ost-Jerusalem praktisch kontrollieren. Im Gegenzug hätten die Palästinenser auf ihre Forderung nach einer Rückkehr aller Flüchtlinge ins israelische Staatsgebiet verzichten sollen. Nicht aber auf eine Rückkehr der Flüchtlinge in die Westbank. Ausserdem hätten Israel und die USA zurückkehrenden Flüchtlingen massive finanzielle Hilfe zugesprochen. Wie Sie wissen, lehnte Arafat ab.

Das Angebot war ihm einfach zu schlecht. Sie müssen doch verstehen, dass er das Maximum herausholen wollte.

Ich versuche, Geschichte rational zu sehen. Israel hat Machtpolitik betrieben, jetzt tat dies Arafat, das kann ich verstehen. Aber dann, im Dezember 2000, kam Präsident Clinton mit einem noch besseren Vorschlag für Arafat. Er bot ihm 95 Prozent der Westbank, den ganzen Gazastreifen, die Aufgabe sämtlicher jüdischer Siedlungen und sogar noch mehr Souveränität über Ost-Jerusalem. Plus eine Teilsouveränität über den Tempelberg, mit der für die Araber so wichtigen Al-Aqsa-Moschee. Und was machte Arafat? Er sagte wieder «Nein». Das war für mich der entscheidende Punkt. Mir wurde klar, dass Arafat in Wirklichkeit kein Interesse an einer Zweistaatenlösung hat. Dass seine typisch verklausulierte Sprache mit Formulierungen wie «unter Umständen» und so weiter strategisch war. Arafat wollte einfach nicht von der Charta der PLO abweichen, deren erklärtes Ziel es immer war, Israel zu vernichten. In dieser Hinsicht war er konsequent.

Arafat wurde dieser Deal praktisch aufgezwungen. Er hat nicht «Nein» gesagt, sondern um mehr Zeit zum Nachdenken gebeten, sagen die Kritiker Ihrer Version der Ereignisse von Camp David.

Okay, in Camp David wurde nichts aufgeschrieben, man wird den genauen Wortlaut nicht überprüfen können. Nur Clinton, Barak und Arafat wissen es am Ende. Und dann gab es noch die hässliche Szene, als Barak Arafat durch eine Tür gestossen hat. Aber es ist eine Tatsache, dass Arafat abgereist ist, ohne einzuwilligen. Er hat diese zweite historische Chance für einen eigenen Staat nach 1948 vergeben. Meiner Meinung nach wusste er, dass es nie wieder so ein Angebot geben wird. Doch er wollte es nicht.

Man hat den Palästinensern keinen zusammenhängenden Staat angeboten, sondern eine Art Flickenteppich.

Richtig ist, die Westbank und der Gazastreifen sind nicht miteinander verbunden. Aber Clinton und Dennis Ross boten Arafat 95 Prozent der Westbank an, und zwar zusammenhängend.

Sie wollen sagen, dass Arafat ablehnen wollte? Warum sollte er dies beabsichtigt haben?

In Israel leben 5,5 Millionen Juden. Gleichzeitig ist das Land von zirka 100 Millionen Arabern umgeben. Da ist es doch logisch, dass nicht wenige denken, die Juden würden längerfristig den Kürzeren ziehen. Sei es aus demografischen Gründen oder weil man eben irgendwann mal militärisch stärker sein wird.

Man kann das nicht verallgemeinern. Nur Wahnsinnige würden am liebsten alle Juden vertreiben.

Natürlich denkt nicht jeder Araber so. Aber die Zweite Intifada nach den gescheiterten Verhandlungen von Camp David im Jahr 2000 stimmte mich extrem pessimistisch. Statt Steine zu werfen, attackierten Selbstmordattentäter nun gezielt Zivilisten. Sie sprengten Busse, Diskotheken und Restaurants in die Luft. Das war eine ganz andere Dimension als bei der ersten Intifada, bei der ich selbst noch ins Gefängnis geworfen wurde. Möglichst viele Zivilisten treffen zu wollen, ist einfach eine perfide Art der Kriegführung. Israel ist zwar militärisch überlegen, aber so skrupellos hat es sich nie verhalten. In der Zeit der zweiten Intifada änderte sich übrigens auch die Rhetorik der Palästinenserführer, sie wurde viel fanatischer. Es ging nur noch um die Vernichtung möglichst vieler Juden. Und Arafats PLO-Führung feierte die Attentäter als Helden. Verstehen Sie meine Desillusionierung nicht?

Arabische Staaten hatten schon zuvor viermal versucht, Israel zu vernichten. Warum waren Sie jetzt plötzlich so ernüchtert?

Zuvor dachte ich, okay, da sind zwei Völker und kämpfen um dasselbe Stück Land. Das ist furchtbar wie alle Kriege, aber als Historiker konnte ich nachvollziehen, warum die Araber uns angriffen. Camp David jedoch wäre eine Möglichkeit zum Frieden gewesen. Die Palästinenser schlugen sie aus.

In Camp David wurde ihnen nur 21 Prozent des ursprünglichen Gebietes von Palästina angeboten, den Israeli jedoch 79 Prozent. Israel hat sein Gebiet nach dem gewonnenen Krieg von 1967 massiv vergrössert, die eroberte Westbank und die Golanhöhen nie mehr zurückgegeben.

So ist die Geschichte verlaufen. Wenn man anfangen würde, das Rad der Geschichte zurückdrehen zu wollen, würde die ganze Welt miteinander im Krieg sein. Die Araber haben 1948 das Angebot eines Palästinenserstaates abgelehnt. In den von ihnen begonnenen Kriegen haben sie jedes Mal verloren und Land aufgeben müssen. Camp David war das zweite, faire Angebot der Israeli, und wieder hat die andere Seite eine falsche Entscheidung getroffen. Die Palästinenser und die anderen Araber verpassen leider nie die Gelegenheit, eine gute Gelegenheit zu verpassen - wie der berühmte israelische Aussenminister Abba Eban sagte.

Wie meinen Sie das?

Ich hatte nie wirklich geglaubt, dass die Führer der Palästinenser lauter Lämmer sind. Aber ich hoffte, wenn Israel ihnen eine wirklich gute Chance gibt, ihnen ein gutes Angebot macht, dass sie es dann selbstverständlich annehmen würden. Doch mit der Zeit begriff ich, dass die meisten von ihnen insgeheim anders dachten.

Sie glauben, die Führungsriege um Arafat sagte nicht die Wahrheit?

Ich sage es nicht gern, aber ich habe lange nach einer Erklärung für ihre Politik der Ablehnung von Angeboten gesucht. Und irgendwann verstand ich, dass es mehrere bedeutende Unterschiede zwischen der palästinensischen und der israelischen Seite gibt.

Zum Beispiel?

Ich glaube nicht mehr, dass die palästinensische Führung noch wirklich an einem Frieden mit Israel interessiert ist, und zweifle, ob sie es jemals war.

Sie glauben, sie hat bei all den Versuchen, Frieden zu schliessen, ihren Traum von Grosspalästina nie wirklich aufgegeben?

Ja, das tue ich. Und ich glaube ausserdem, dass es für viele durchschnittliche Palästinenser immer noch Gottes Wille ist, dass dies eigentlich ein arabisches islamisches Land ist. In der Charta ihrer gewählten Führung, der Hamas, steht dies explizit. Auch moderate Führer der Fatah haben das offen gesagt. Faisal Husseini, ein Vertrauter Arafats, bezeichnete die Verträge von Oslo offen als Trojanisches Pferd. Er machte klar, dass für ihn die Grenzen Palästinas immer vom Jordan bis zum Mittelmeer reichen würden. Auch bei nicht wenigen durchschnittlichen Palästinensern gibt es meiner Ansicht nach immer noch ein Einverständnis: Man darf den Widerstand nicht aufgeben, dann werden die Israeli irgendwann verschwinden.

Wenn man sich die brutale Gewalt der israelischen Armee vor Augen führt, dann sieht es nicht so aus, als würden die Israeli die Palästinenser weniger hassen als umgekehrt.

Mein Eindruck ist, dass es lange Zeit, von Extremisten mal abgesehen, relativ wenig Hass gegen die Palästinenser gegeben hat. Als die Palästinenser jedoch mit systematischem Terror gegen israelische Zivilisten begannen, änderte sich das.

Die Hamas-Hardliner wollen Israel sicher vernichten. Aber sieht das auch die Mehrheit der Palästinenser in der Westbank so? Präsident Abbas sprach sich öffentlich für eine Zweistaatenlösung aus.

Natürlich propagiert Mahmud Abbas öffentlich eine Zweistaatenlösung. So lange er aber am Recht sämtlicher Flüchtlinge auf Rückkehr festhält, wird es diese Zweistaatenlösung nie geben. Und das weiss Abbas ganz genau. Deshalb spielt er dieses Doppelspiel. Abbas ist intelligent genug, um zu wissen, dass die Rückkehr der Flüchtlinge das Ende des Judenstaates bedeuten würde.

Warum?

Wenn man sämtlichen palästinensischen Flüchtlingen die Rückkehr erlauben würde - und ich spreche hier von 4,5 bis 5 Millionen Menschen -, dann würde Israel sofort ein arabisches und kein jüdisches Land mehr sein. Israel wäre ein arabisches Land mit einer jüdischen Bevölkerungsminderheit.

Können Sie den Hass der Palästinenser auf Israel nicht verstehen?

Selbstverständlich kann ich das. Es ist natürlich, dass sie Israel hassen. Die Israeli haben sie damals enteignet, ihnen das Land weggenommen, das sie für ihres halten. Und die Israeli haben viele von ihnen getötet. Trotzdem glaube ich, dass dieser Hass nicht nur damit zu tun hat, wie Israel sich verhält.

Sie sprechen von muslimischem Antisemitismus?

Ich glaube, dass uns viele auch deshalb hassen, weil wir Juden sind. Die jüdischen Stämme waren die Feinde von Mohammed, weil sie ihn nicht als Propheten akzeptierten. Im Koran werden die Juden als Söhne von Affen und Schweinen beschrieben. Mittlerweile glaube ich, dass dieser muslimische Antisemitismus immer noch in der palästinensischen und arabischen Gesellschaft steckt. Laut der Hamas-Führung sind die Juden sogar verantwortlich für den Ersten und den Zweiten Weltkrieg.

Die Palästinenser sind ein extrem armes Volk. Und daran ist vor allem Israel schuld.

Werfen Sie auch einmal einen kritischen Blick auf die arabischen Gesellschaften. Natürlich prosperieren einige. Aber nicht aufgrund ihrer Fähigkeiten. Saudiarabien ist nicht wegen seiner genialen Industrien oder wissenschaftlichen Höchstleistungen reich, sondern wegen seines Öls. Islamische Kultur ist innovationsfeindlich. Wichtig ist Tradition. Doch mit dieser Geisteshaltung kann man seinen Wohlstand nicht erhöhen. Denken Sie nur an die Rolle der Frau. Eine Gesellschaft, die 50 Prozent ihrer Brainpower nicht nutzt, muss arm bleiben. Deswegen sind die meisten islamischen Länder ohne Öl sehr arm.

Trotzdem gibt es auch viele aufgeklärte und ihrer eigenenGesellschaft gegenüber kritische Palästinenser.

Die gibt es, aber ihr Einfluss ist sehr gering. Sari Nusseibeh zum Beispiel, der Rektor der palästinensischen Jerusalemer Al-Quds-Universität, ist so ein Mann. Nur ist er weitgehend isoliert. Er wurde schon für seine Ansichten verprügelt. Kein Wunder, wandern immer mehr dieser liberalen palästinensischen Kräfte in den Westen aus.

Der französische Philosoph und Historiker Ernest Renan schrieb, eine Nation sei eine Gruppe von Menschen, die vor allem zweierlei verbinde: ihre falsche Sicht auf die eigene Geschichte und ihr Hass auf ihre Nachbarn. Die falsche Sicht haben viele Israeli nicht zuletzt auch dank Ihnen revidiert. Wie ist das in den arabischen Ländern?

Dort gibt es praktisch keine neue Geschichtsschreibung. Wenn ein Historiker etwas schreibt, das der offiziellen Geschichte widerspricht, riskiert er sein Leben. Natürlich gibt es Historiker wie den palästinensisch-amerikanischen Professor der Columbia University Rashid Khalidi. Aber selbst Khalidi muss aufpassen, schliesslich möchte er einmal im Jahr seine Verwandten in der Westbank besuchen können. Gewiss, Israel ist keine perfekte Gesellschaft. Im Vergleich zu den meisten arabischen Ländern jedoch haben die Israeli eine graduelle Liberalisierung hinter sich.

Warum wird Israel dann von so vielen aufgeklärten, gebildeten, intelligenten Europäern viel häufiger kritisiert als die arabischen Staaten?

Das hat viele Gründe. Die Europäer und der Westen allgemein haben ein sehr positives Weltbild. Für sie liegen gewalttätige kriegerische Handlungen im eigenen Land lange zurück. In Europa denkt man schneller einmal, dass alle Menschen auf der Welt so friedlich sind wie die Schweizer. Aber ich glaube, das ist ein Irrtum. Ich habe irgendwann begriffen: Es gibt nicht nur Schweizer. Araber zum Beispiel sind keine Schweizer. Das zweite Problem der Europäer spreche ich eigentlich ungern an, aber Antisemitismus ist in Europa noch ein Thema.

Israel-Kritik wird zuweilen als Antisemitismus missverstanden.

Israel muss kritisiert werden wie jedes andere Land. Dennoch ist es eine Tatsache, dass der Antisemitismus in Europa wächst. Zählen Sie die Synagogen und Friedhöfe, die im letzten Jahr in Europa entweder beschmiert, beschmutzt oder angezündet wurden. Es werden immer mehr. Eine Menge Europäer halten uns immer noch für geldgierig und glauben, dass wir diejenigen sind, die immer nur Probleme verursachen.

Ja, es gibt noch Antisemitismus in Europa. Aber es stimmt doch, ohne den Staat Israel gäbe es im Nahen Osten weniger Probleme.

Diese Meinung ist für mich noch kein Antisemitismus, sondern ein rationales Argument gegen den Zionismus. Ohne Juden im Nahen Osten gäbe es dort wirklich weniger Probleme. Aber finden Sie wirklich, die Juden hätten kein Recht, dort zu sein? Warum denken Sie so? Weil die Palästinenser dort angeblich zuerst lebten? Weil die Palästinenser dort vor der jüdischen Staatsgründung 1948 lebten? Entschuldigung, aber viele Europäer bilden sich eine Meinung, ohne die Geschichte genau zu kennen. Wenn es danach geht, wer zuerst dort lebte, dann müssten alle Europäer für den Staat Israel sein.

Warum?

1200 vor Christus lebten Juden auf dem Gebiet des heutigen Palästina, damals hiess es noch Galiläa, Samaria und Judäa. Für 1300 Jahre herrschten die Juden über dieses Land. Dann kamen die Römer, die Juden mussten flüchten, und die Römer nannten das Land Palästina. Aber die Frage, wer zuerst da war, wird diesen Konflikt niemals lösen können. Ich halte es auch für eine irrelevante Frage.

Trotzdem, war es nicht naiv, einen kleinen jüdischen Staat inmitten einer feindlich gesinnten Umgebung zu gründen?

Diesem praktischen Argument steht ein moralisches gegenüber. Die Juden haben ein Recht auf ein eigenes Land, so wie jedes andere Volk. Aber es ist mir klar, dieses Recht wird immer noch von einer Menge Leute bestritten, auch in Europa. Übrigens haben die Europäer auch noch ein weiteres Problem. Viele haben gegenüber den Juden verdrängte Schuldgefühle wegen des Holocaust. Mit diesen Gefühlen lebt man einfacher, wenn man die Juden nicht nur als Opfer sieht, sondern eben auch als Täter. Eine zusätzliche Hypothek ist die europäische Kolonialgeschichte.

Was hat dieses Kapitel denn mit den gegenwärtigen Ereignissen zu tun?

Europäische Kolonialisten töteten in Asien, Afrika und Südamerika Millionen Menschen. Und jetzt sieht man Israel als diesen Kolonialherren, der brutal gegen die Palästinenser vorgeht. Indem man Israel kritisiert, beweist man sich, dass man die moralisch richtigen Lehren gezogen hat. Vielleicht liegt es auch am Öl, die ölabhängigen europäischen Länder sind sehr darauf bedacht, die Araber nicht unnötig zu provozieren. So ist eben Realpolitik.

In einem berühmten Interview mit der israelischen Tageszeitung «Haaretz» sprachen Sie über die Kultur der Palästinenser und der Araber im Allgemeinen. Sie scheinen immer noch an die These vom Clash of Civilizations zu glauben, welche Samuel P. Huntington in den Neunzigerjahren aufstellte.

Das Wertesystem der jüdisch-christlichen und der arabisch-muslimischen Kultur ist teilweise sehr unterschiedlich. Kreativität und Offenheit sind im islamischen Kulturraum keine bestimmenden Werte. Manchmal habe ich das Gefühl, ich verstehe diese Kultur nicht, die in Jugendlichen Interesse für Selbstmordattentate weckt. Die Freudentänze auf der Strasse vollführt, wenn in Tel Aviv eine Bombe israelische Zivilisten zerfetzt. Manchmal glaube ich sogar, in arabischen Ländern ist ein Leben nicht so viel Wert.

Die israelische Armee bombardiert mit Kampfflugzeugen Gaza und nimmt damit den Tod von vielen Zivilisten in Kauf. Wie viel Wert ist denn den Israeli ein Leben?

Jedes Opfer in einem Krieg ist furchtbar. Ich will nicht die israelische Armee verteidigen, die mich ja eingesperrt hat. Aber es ist wahr, die Armee versucht, Opfer unter der Zivilbevölkerung nach Möglichkeit zu vermeiden. Wollte die Armee Zivilisten töten, gäbe es jetzt nicht ein paar Hundert Tote, sondern Zehntausende. Die Kriegführung der Hamas ist grundlegend anders. Hamas-Kämpfer verstecken sich gezielt unter Zivilisten, Waffen werden in Wohnhäusern gelagert und Sprengfallen in Schulen gelegt.

Darf man von einer westlichen, aufgeklärten Demokratie wie Israel nicht erwarten, dass sie sich auch im Krieg moralischer verhält als die Islamisten der Hamas?

Natürlich. Allerdings würde ich mir wünschen, dass Israels Kritiker alle Konflikte an denselben moralischen Massstäben messen. In Europa vergisst man regelmässig, dass etwa bei den Luftangriffen europäischer Streitkräfte in Kosovo oder in Afghanistan ebenfalls Tausende von Zivilisten ums Leben gekommen sind. Diese Doppelmoral ist kontraproduktiv. Sie verstärkt nur eines: das Gefühl der Israeli, allein zu sein.

Tatsache ist, mit jedem toten muslimischen Zivilisten wird der Hass der Araber auf Israel grösser.

Die Araber sind nicht so solidarisch, wie es immer heisst. Bei einer muslimischen Rebellion in der syrischen Stadt Hama 1982 etwa hat der syrische Staat in drei Wochen 20'000 bis 30'000 Menschen umgebracht. Was im Iran während der Revolution Muslime anderen Muslimen antaten, davon will ich gar nicht sprechen.

In den letzten fünfzig Jahren sind viele zehntausend Menschen im Nahost-Konflikt gestorben. Wie kann man dieses Blutvergiessen beenden?

Auch wenn ich das nicht gern sage, ich glaube nicht mehr an eine Lösung.

Was halten Sie von der immer wieder diskutierten Zweistaatenlösung?

Das wäre die optimale, gerechte Lösung für beide Völker. Aber ich glaube, wie gesagt, nach Camp David nicht mehr daran, dass es sie jemals geben wird.

Ihrer Meinung nach würde die Hamas den Staat Israel niemals anerkennen. Kann man da wirklich absolut sicher sein? Israel-Kritiker sagen, dass die Hamas das Land vielleicht anerkennen würde, wenn es sich auf die Grenzen von vor 1967 zurückziehen würde. Damals war Israel noch etwa halb so gross.

Die Hamas würde Israel nicht anerkennen, selbst wenn es sich auf fünf Prozent seines Staatsgebietes zurückziehen würde. Wie ich bereits sagte, das wäre gegen ihre Ideologie.

Die Hamas denkt nicht so uniform. Es gibt Mitglieder, die durchaus mit Israel verhandeln würden.

Die gibt es sicher. Aber sie haben in der Hamas nicht das Sagen. Und wenn man sich überlegt, wer hinter der Hamas steht, nämlich der mächtige Iran, kann ich mir nicht vorstellen, dass sich diese gemässigten Hamas-Leute jemals durchsetzen werden.

Aber es ist doch Israel, das sich weigert, mit der Hamas zu reden. Das Land lehnt jede Verhandlung kategorisch ab. Sogar Barack Obama erwähnte die Möglichkeit, dass man Gespräche mit der Hamas in Betracht ziehen müsse.

Im Gegensatz zur israelischen Regierung bin ich ja nicht gegen Gespräche. Ich zweifle nur daran, dass sie etwas bringen. Das Beste, was passieren könnte, wäre vielleicht irgendeine Art von Waffenruhe, wenn Israel die Westbank vollständig verlassen hat. Dann haben wir vielleicht ein paar Jahre Frieden. Und dann wird die Hamas erneut angreifen.

Israel ist doch genauso stur. Was wäre, wenn es sämtliche Siedlungen in den besetzten Gebieten räumt und einen palästinensischen Staat akzeptiert, der sowohl Israel als auch Palästina ein Mindestmass an Sicherheit bietet. Und im Gegenzug geben die Palästinenser ihre Forderungen nach der Rückkehr der Flüchtlinge auf.

Ich bin kein Vertreter der israelischen Regierung, aber ich vermute, eine solche Lösung wäre für Israel wohl akzeptabel.

Und wer könnte die Palästinenser dazu bewegen?

Nur die arabische Welt. Allerdings nur unter grossem Druck des Westens. Aber der Westen wird auch weiterhin zögern, weil es nicht in seinem Interesse ist, arabische Regierungen zu verärgern, nicht zuletzt wegen des Öls.

Tatsache ist, dass im Gazastreifen viel zu viel Blut geflossen ist.

Das Blutvergiessen ist schrecklich. Aber ich glaube, jedes Land würde so reagieren wie Israel. Es würde versuchen, seinen Bürgern Sicherheit zu geben.

Die jetzige Militäraktion verschlimmert die Lage.

Sie hat eine abschreckende Wirkung. Sie wird die militärischen Fähigkeiten der Hamas so sehr schwächen, dass sie Israel für einige Jahre nicht mehr angreifen kann. Es klingt furchtbar, aber es ist Israels einzige Möglichkeit, Frieden zu kaufen.

Angesichts all dieses Elends: Was sagen Sie denen, welche immer noch daran zweifeln, ob die Gründung des jüdischen Staates eine Notwendigkeit war?

Ich sage: Die Juden wurden zweitausend Jahre lang unterdrückt, verfolgt und getötet. Der Holocaust war der Höhepunkt einer zweitausendjährigen Unterdrückungsgeschichte. Über Jahrhunderte hinweg gab es immer wieder Pogrome, und zwar überall in Europa. Sogar England, das Juden gegenüber liberalste Land, hat sie 1290 vertrieben. Irgendwann in der Geschichte hatte jedes Land Europas nicht nur ein paar Judenhasser, sondern einen dominierenden Antisemitismus. Die Juden sind ein Volk wie jedes andere auch und haben das Recht auf einen eigenen Staat wie jedes andere auch.

Und was sagen Sie denen, die immer noch nicht überzeugt sind?

Jeder hat das Recht auf eine Meinung. Selbst wenn sie so ungerecht ist.

© DAS MAGAZIN 04/2009
Bücher von Benny Morris
«The Birth of the Palestinian Refugee Problem 1947-1949», Cambridge University Press 1988
«Righteous Victims. A History of the Zionist-Arab Conflict, 1881-1999», Verlag John Murray 1999
«1948 and After. Israel and the Palestinians», Clarendon Press 1990
«1948. A History of the First Arab-Israeli War», Yale University Press 2008
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